Yamaha macht Träume wahr. Was schmalzig klingt, ist es auch, allerdings mit einem soliden Kern. Seit Yamaha den CP3-Motor 2014 brachte, der seither als einer der besten Landstraßenmotoren gilt, stand immer die Frage im Raum: Wann kommt das als Supersportler oder Superbike? 2021, mit dem Aufbohren des Triples von 847 auf 890 Kubik und dem neuen Chassis, bekam der Wunsch nach einer R9 neue Luft. Und spätestens mit dem neuen Reglement der Supersport-Klasse ging eigentlich kein Weg mehr vorbei an einer vollverkleideten Sportlerin mit drei Zylindern unter und Stimmgabeln auf dem Tank. So scheint es zu sein, denn für 2025 kommt die neue Yamaha YZF-R9 auf den Markt.
Yamaha R9 – eine lange Geschichte
Mit dem größeren Motor und dem neuen Chassis für die MT-09-Familie, zu der wir hier die Tracer und Niken großzügig hinzuzählen, geschah in Japan etwas Prophetisches: Yamaha meldete zahlreiche Wortmarken an. Von der YZF-R1 numerisch bis zu einer R9 und weiter über R15 und R20 zu R25, inklusive der entsprechenden Abkürzungen. Das hätte nur eine Schutzanmeldung sein können, dass kein anderer Hersteller sich in die YZF-R-Logik einschleicht, aber im Herbst 2022 tauchte in asiatischen Patentämtern eine Bildmarke auf, die das Logo der YZF-R9 zeigt. Seit dem Frühjahr 2024 geistert die R9 bereits durch die Fahrerlager, denn einige Yamaha-Ställe, die noch die alte R6 fahren, kündigten Ersatz an. Und das kann nur eine R9 sein.
Neues Supersport-Reglement als Einladung
In der Supersport-Saison 2021 testete die British Superbike ein neues Motorenreglement, das den unterschiedlichen Bauweisen mehr Hubraum erlaubte. Bis dahin waren im Grunde nur die 600er-Vierzylinder japanischer Bauweise erlaubt, Dreizylinder bis 675 Kubik und theoretisch Twins bis 750 Kubik. Erlaubt wurden größere Hubräume der Dreizylinder und Twins, mit Einschränkungen, was die gestattete Drehzahl, Luftzufuhr und Gewicht anging. Seit 2022 sind die neuen Motoren international im Einsatz. Was das mit der Yamaha YZF-R9 zu tun hat: Im November 2023 interviewte MOTORRAD auf der EICMA in Mailand den Europa-Chef von Yamaha, und natürlich zum Thema R9. Hier fiel die entscheidende Antwort: "Solch ein Modell käme nur, wenn wir damit gewinnen könnten."
Nicht nur eine MT-09 SP mit Verkleidung
Wäre die neue Yamaha YZF-R9 nur eine MT-09 SP mit Verkleidung und mehr Leistung, würde sie kaum gewinnen. Trotz neuem Chassis und Fahrwerk fehlt es der MT-09 weiterhin an Bezug zum Vorderrad, essenziell für einen Supersportler. Wohl als Folge entwickelte Yamaha den Alu-Rahmen der R9 komplett neu und weist ihn als den steifsten Rahmen der CP3-Familie und den leichtesten Rahmen der aktuellen Supersport-Modelle von Yamaha aus. Nur 9,7 Kilo wiegt der Hauptrahmen, die zusammen mit dem Rest der R9 ein fahrfertiges Gewicht von 195 Kilo inklusive 12,6 Liter (90 %) Benzin von maximal 14 Liter im Tank ergeben. Zum Vergleich: Die letzte R1 mit Straßenzulassung wiegt 6 Kilo mehr, und die aktuelle, verkleidungslose MT-09 SP bringt 194 Kilo auf die Waage.
Neues Fahrwerk von KYB mit Höheneinstellung
Im Chassis der Yamaha YZF-R9 stecken neue Federelemente von KYB ohne semi-aktive Funktion. Die Gabel misst 43 Millimeter im Durchmesser der Standrohre, ist je Holm in Druck- und Zugstufe sowie Vorspannung einstellbar. Die Druckstufen können weiter in High- und Low-Speed angepasst werden (High: kurze Dämpferbewegungen, Low: lange Dämpferbewegungen der Gabel). Ebenfalls neu von KYB verbaut Yamaha in der R9 ein voll einstellbares, umgelenktes Federbein, das zusätzlich mit einer Höheneinstellung des Hecks aufwartet. Federwege: 120 Millimeter vorn und 118 Millimeter hinten. Ab Werk steht die neue R9 auf den Semi-Slicks RS11 von Bridgestone, die Dimensionen entsprechen denen der MT-09: 120/70ZR17 vorn und 180/55ZR17 hinten.
Neue, große Bremse an der R9
Hingegen deutlich vergrößerte Yamaha die vordere Bremsanlage der neuen YZF-R9: von 298 Millimeter auf 320 Millimeter erhöht sich der Durchmesser der Bremsscheiben, und von Brembo wählte Yamaha die Stylema-Sättel sowie die radiale Handbremspumpe. Kombiniert mit einer schräglagensensiblen Elektronik für ABS und Traktionskontrolle ergänzte Yamaha noch die Features aus der R1 Race in Form einer Slide Control, einer Bremskontrolle, einer Launch Control und einer Lift Control für beide Räder.
Neue Karosse mit Winglets
Es wäre nicht 2024, hätten Supersportler, egal welcher Hubraum- und Leistungsklasse, nicht Winglets an der Front. Dem steht die neue Yamaha YZF-R9 nicht nach und zeigt sich mit dominanten, trotzdem integrierten Winglets an der neuen Front. Trotz mehr Anpressdruck von angeblich 7 Prozent auf der Geraden und 10 Prozent in Kurven möchte Yamaha uns wissen lassen, dass die neue R9 einen niedrigeren Luftwiderstand erzeugt als die R6, woran die neuen Clip-On-Stummel ihren Anteil haben.
Neues Cockpit mit Telemetrie-Software
In der Kanzel der neuen Yamaha YZF-R9 informiert ein neues TFT-Display mit Connectivity und Schnittstelle der Y-Trac App über alle Fahrzustände. Über Y-Trac können zahlreiche Daten zu Fahrzuständen aus dem Fahrzeug abgerufen werden, darunter Runden- und Sektorenzeiten, Schräglagen, Drehzahlen, Gangpositionen, Gasgriffstellung und Eingriffstufen der Traktionskontrolle oder des ABS. Wem die GPS-Genauigkeit per Smartphone nicht reicht, der kann das Y-Trac mit dem GPS-Tracker Garmin Glo2 ergänzen. Interessant: Per CCU (Communication Control Unit) aus dem Zubehör der R1 können eigene Einstellungen in das System der R9 geladen werden.
Unveränderter CP3-Triple mit 119 PS
Im Grunde ist das einzige Bauteil der neuen Yamaha YZF-R9, das keine umfassende Änderung erfuhr, der Motor. Bekannt aus der CP3-Baureihe um MT-09, Tracer und Niken messen seine 3 Zylinder zusammen 890 cm³. Aus diesem Hubraum erzeugt der Motor weiterhin 93 Nm bei 7.000 Touren und 119 PS bei 10.000 Umdrehungen pro Minute. Einzig der Hinweis auf ein Supersport-Mapping kann als neu am Motor gewertet werden. Ab Werk kommt die neue R9 mit dem QSS, dem Quick Shift System der 3. Generation für kupplungsfreies Schalten hoch wie runter.
Was kostet die neue Yamaha YZF-R9?
Ab Mai ist die neue Yamaha YZF-R9 zu haben. Den Preis gab Yamaha zur Präsentation mit 13.749 Euro inklusive Lieferung an. Wer die optionale A2-Version mit 70 Kilowatt zum Drosseln auf 35 Kilowatt wählt, zahlt 13.449 Euro. Zum Vergleich kostet die aktuelle MT-09 SP ab 13.199 Euro, und die XSR 900 GP startet ab 13.899 Euro.